Bau- und Werkvertragsrechtliche Informationen

Im Zuge der aktuellen Pandemie kann es zu verschiedenen Verzögerungen von Bauprojekten kommen. Insbesondere

  • Störungen von Bauabläufen
  • Lieferengpässe
  • Personalausfall und
  • Baustellenschließungen

sind denkbar.

Was können bzw. sollten Auftragnehmer in solchen Fällen tun?

Sobald eine Behinderung möglich erscheint, sollte dies dem Auftraggeber frühzeitig schriftlich und so konkret wie möglich angezeigt werden. Bei Bauverträgen, die auf Grundlage der VOB/B abgeschlossen wurden, ist § 6 VOB/B maßgebend. Der Auftragnehmer kann demnach eine angemessene Verlängerung der Ausführungsfristen verlangen, soweit die Behinderung durch höhere Gewalt verursacht worden ist. Die aktuelle Situation kann einen Fall höherer Gewalt darstellen. Dauert eine Unterbrechung länger als drei Monate, kann jeder Teil den VOB/B-Vertrag schriftlich kündigen.

Bei Bauverträgen auf Grundlage des BGB kommt eine Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB in Betracht. Es kann dann die Anpassung des Vertrages verlangt werden. Ist die Anpassung nicht möglich oder unzumutbar, kann der Rücktritt vom Vertrag möglich sein.

Wie ist die Rechtslage, wenn der Auftraggeber die Baustelle schließt?

Den Auftraggeber treffen bestimmte Mitwirkungspflichten. So hat er beispielsweise das Baugrundstück ausführungsreif zur Verfügung zu stellen und dem Auftragnehmer grundsätzlich den Zutritt zu gewähren.

Ist das Baugrundstück wegen einer behördlichen Anordnung (z. B. einer Gebietsabriegelung) nicht betretbar, wird ein Ersatzanspruch des Auftragnehmers wegen Behinderung regelmäßig daran scheitern, dass die hindernden Umstände nicht in der Mitwirkungssphäre des Auftraggebers liegen. Hat der Auftraggeber die Baustelle hingegen aus bloßer Vorsicht geschlossen, kommt ein Entschädigungsanspruch wegen Annahmeverzugs aus § 642 BGB in Betracht.

Was gilt bei Lieferengpässen?

Grundsätzlich liegt die Materialbeschaffung im Verantwortungsbereich des Auftragnehmers. Unterlässt er die Materialbeschaffung schuldhaft, hat der Auftraggeber einen Schadensersatzanspruch für die verzögerungsbedingt entstandenen Kosten. Voraussetzung hierfür ist aber sowohl beim VOB/B-Vertrag, als auch beim BGB-Vertrag eine schuldhafte Pflichtverletzung. Diese fehlt, wenn die fehlende Ausstattung mit Material auf höherer Gewalt beruht. Auftragnehmern ist jedoch zu empfehlen, sorgfältig zu dokumentieren, dass die Lieferung (auch Ersatzlieferung) tatsächlich nicht möglich war oder nur mit unzumutbar hohen Kosten möglich gewesen wäre.

Handlungsempfehlungen

Auftragnehmer sollten mit Auftraggebern zusammen ein gemeinsames Krisenmanagement betreiben. Auftragnehmer sollten Verfügbarkeiten und Lagerbestände bei Lieferanten abfragen und dokumentieren. Gleiches gilt für die Beschaffung von Ersatz für ausgefallene Arbeitskräfte.

Dokumentation ist wichtig und dient dem Nachweis dass der Auftragnehmer alles ihm zumutbare unternommen hat, um Bauzeitverzögerungen zu vermeiden.

Fällt das Leistungshindernis weg, ist dies dem Auftraggeber unverzüglich anzuzeigen und die Arbeit ist wieder aufzunehmen.

Dies sind lediglich allgemeine Hinweise. Eine abschließende rechtliche Bewertung bedarf stets der Betrachtung des Einzelfalls.

Informationen des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat

 Hinweise für den Umgang mit Bauablaufstörungen, 30.03.2020

Vergaberechtliche Fragen in Bezug auf die Corona-Panedemie, 27.03.2020

Bauvertragliche Fragen in Bezug auf die Corona-Pandemie, 23.03.2020



Ansprechpartner

Felix Harrje

Abteilung Recht und Handwerksorganisation

Tel. 0381 4549-152

Fax 0381 4549-158

harrje.felix--at--hwk-omv.de