
'Schon der Geruch von frisch geschnittenem Holz macht etwas mit mir'Eine junge Tischlerin mit vielen Talenten
In der Tischlerwerkstatt des Handwerkerbildungszentrums arbeitet Auszubildende Elisabeth Siperko konzentriert an der Werkbank an der Herstellung eines Hockers. Die männlichen Tischlerlehrlinge, die um sie herum an den Werkbänken u.a. hobeln und Steckverbindungen ineinander rasten lassen, schätzen sie als „tough“ und selbstbewusst ein. Bei Elisabeth sitzt jeder Handgriff. Sie fragt nicht viel, sondern packt an. Geschickt gleitet sie mit dem Hobel über das Holz. Kritisch prüfend fährt die Auszubildende anschließend mit der Hand über das Werkstück. Die Leidenschaft, mit der sie den Naturrohstoff bearbeitet, ist ihr anzusehen. „Schon der Geruch von frisch geschnittenem Holz macht etwas mit mir“, erzählt Elisabeth mit einem Lächeln.
Die heute 32-Jährige hat seit ihrer Jugend eine starke Affinität zu Holz und stellt seither ihre eigenen Möbel her. Dennoch wählte die gebürtige Greifswalderin nach ihrem Abitur zunächst einen anderen Berufsweg. An der Katholischen Fachschule für Sozialpädagogik Saarbrücken absolvierte sie ihre Ausbildung. In verschiedenen sozialen Einrichtungen und Schulen war sie in den folgenden Jahren als Erzieherin und Sozialpädagogin tätig, hörte zu, stand sozial Schwächeren zur Seite und lernte dabei vor allem die Schattenseiten des Lebens kennen.
Nach rund einem Jahrzehnt beruflicher Tätigkeit stellte sie ihr eigenes Leben noch einmal in Frage und kehrte nach MV zurück. „Ich wollte meine Visionen umsetzen, meine Kreativität ausleben und einfach abends sagen können: 'dieses Produkt ist durch meine Hände geschaffen worden“, erzählt sie. Träumte sie als Kind und Pumucklfan noch von Meister Eders Werkstatt, so wurden später ihre Vorstellungen von dem Tischlerberuf konkreter. Auf einem Reiterhof packte sie mit an, wenn z.B. die Türen überholt und repariert werden mussten. Als sich Elisabeth schließlich entschied und sich in der Nordic Design Tischlerei GmbH in Wolgast erfolgreich für eine Tischlerlehre bewarb, fühlte sie sich angekommen. Verbunden war dieser Schritt wieder zurück zu einer Ausbildung jedoch auch mit Einschnitten im Leben. Die große Wohnung wurde gegen eine kleinere getauscht. Am Monatsende war weniger im Portemonnaie. Auch das Lernen musste wieder gelernt werden. „Trotzdem würde ich diesen Schritt immer wieder nehmen, möchte auch die Meisterausbildung später anschließen“, erzählt sie selbstbewusst, auch wenn viele Bekannte zunächst abrieten. Der Tischlerberuf sei nichts für eine Frau. Sie belehrt alle Skeptiker nun eines besseren. Neben dem tollen Betriebsklima, der täglichen beruflichen Abwechslung sei vor allem die Kombination von Holz und Metallverarbeitung in dem Ausbildungsbetrieb spannend.
Wirkt Elisabeth bei der Arbeit auch vertieft und völlig fokussiert, so macht sie sich doch ebenso Gedanken um die Welt um sie herum. Nachhaltigkeit werde schon immer im Handwerk gelebt. Dennoch sei auch hier noch Vieles möglich. Zwar werden die Holzabfälle auch für die Energiegewinnung genutzt, aber vielleicht seien diese auch anderweitig noch einsetzbar. „Außerdem wird viel zu viel Schleifpapier in vielen Betrieben eingesetzt. Es gibt doch die unterschiedlichsten Hobel! In Asien ist man hier weiter“, stellt die Greifswalderin fest. Und auch in den Schulen wünscht sich Elisabeth viel mehr Praxisnähe, eben eine Schule für das wirkliche Leben und Chancengleichheit. Und zu all' diesen Punkten hat die junge Frau aus eigenen Erfahrungen bereits viel zu berichten.